Vom Altern

 

 

 

 

Alles, was einen Menschen als Erscheinung ausmacht, ändert sich

unablässig. So wie alle Erscheinungen kommen, so gehen sie auch 

wieder. Der Körper, so heißt es, erneuert sich innerhalb von etwa 

7 Jahren. Empfindungen, Gedanken und Gefühle lösen rasch einander 

ab. Träume und Phantasien verblassen wieder, Wertmaßstäbe verändern 

sich im Lauf der Zeit, Rollen und Verhaltensmuster passen sich an 

neue Herausforderungen an. Auch die Identität eines Menschen macht

Umbrüche durch. Nichts also, was einen Menschen als Erscheinung 

ausmacht, hat tatsächlich das Alter, das einem Menschen zugeschrieben wird.

 

Ein Mensch besteht aber nicht nur aus Erscheinungen. In jedem Menschen

ist ein Bewusstsein vorhanden, das um die Erscheinungen weiß.

Das Bewusstsein ist sich des Körpers bewusst. Das Bewusstsein 

kann sich Empfindungen, Gedanken und Gefühle bewusst machen.

Wertmaßstäbe, Verhaltensmuster, Eigenschaften und Fähigkeiten 

lassen sich ins Bewusstsein rufen. Das Bewusstsein ist dazu in der 

Lage, sich alles bewusst zu machen, was zu einer Persönlichkeit gehört.

 

Dieses Bewusstsein bezeichnet sich selbst als „Ich“. Das Ich neigt dazu,

sich an bestimmte Persönlichkeitsfaktoren zu heften, indem es sich mit

ihnen identifiziert. 

Das Bewusstsein ist stets anwesend und gegenwärtig. Soweit es sich

aber mit vergangenen Persönlichkeitsfaktoren identifiziert, scheint es 

als Ich auch in der Vergangenheit existiert zu haben. Aufgrund seiner Bindung

an Persönlichkeitsfaktoren scheint das Ich also eine Geschichte

zu haben, die scheinbar Jahre und Jahrzehnte zurückreicht.

 

Doch das Bewusstsein ist dazu in der Lage, sich von allen Identifikationen

mit Erscheinungen wieder zu lösen. Tatsächlich ist das Bewusstsein

seinem Wesen nach nie gebunden, sondern immer frei.

Wenn das Bewusstsein seine Ungebundenheit realisiert, erkennt es sich

als das HIER und als das JETZT. Das JETZT aber ist völlig zeitlos und kontinuierlich

jetzt gegenwärtig. Das heißt, das freie Bewusstsein erkennt, dass es niemals

eine persönliche Geschichte und nie eine Vergangenheit hatte,

und dass es auch niemals eine Zukunft haben wird. 

Das Bewusstsein ist stets das ortlose HIER und das zeitlose JETZT!

 

 

Hat sich das Bewusstsein von seinen Identifikationen gelöst, stellt es fest,

dass alle Prozesse in ihm stattfinden. Auch alle Alterungsprozesse gehen

in ihm vor sich. Sie finden jetzt innerhalb des Bewusstseins statt,

das selbst niemals altert! 

 

Was also ist der Mensch in Wahrheit:

eine alternde Erscheinung oder das unvergängliche Bewusstsein?

 

Und wer bin demnach ich?

Bin ICH dieses unvergängliche BEWUSSTSEIN?

 

 

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